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Unter '''Zuschauereffekt''' (auch '''Bystander-Effekt''', [[Englische Sprache|englisch]]: ''bystander effect'', auch ''non-helping-bystander effect'' oder '''Genovese-Syndrom''') versteht man das Phänomen, dass einzelne Augenzeugen eines Unfalls oder kriminellen Übergriffs mitweniger nachlassender Wahrscheinlichkeitoft eingreifen oder Hilfe leisten, wenn weitere Zuschauer (engl. ''[[Schaulustiger|bystander]]'' „Dabeistehender“) anwesend sind bzw. hinzu kommenhinzukommen.
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Unter '''Zuschauereffekt''' (auch '''Bystander-Effekt''', [[Englische Sprache|englisch]]: ''bystander effect'', auch ''non-helping-bystander effect'' oder '''Genovese-Syndrom''') versteht man das Phänomen, dass einzelne Augenzeugen eines Unfalls oder kriminellen Übergriffs mit nachlassender Wahrscheinlichkeit eingreifen oder Hilfe leisten, wenn weitere Zuschauer (engl. ''[[Schaulustiger|bystander]]'' „Dabeistehender“) anwesend sind bzw. hinzu kommen.
 
Der Ausdruck ''Genovese-Syndrom'' rührtbezieht hersich vonauf derdie US-Amerikanerin [[Mordfall Kitty Genovese|Kitty Genovese]], die 1964 auf dem Weg zu ihrem Wohnhaus in [[New York City]] einem MordanschlagMord zum Opfer fiel, der sich über etwa eine halbe Stunde hinzog und an verschiedenen Orten geschah. Mindestens 38 Personen aus der Nachbarschaft bemerktensollen undden beobachtetenMord bemerkt und den Überfall beobachtet haben, ohne dass der jungen Frau jemand zu Hilfe kam.
Diese DerAnnahme Mordberuht allerdings auf einer Falschmeldung. Aufgrund des Grundrisses des Gebäudes und der Tatsache, dass jeder Angriff durch Genoveses Versuch, ihrem Angreifer zu entkommen, an Genoveseeinem anderen Ort stattfand, war es keinem Zeugen möglich gewesen, den gesamten Angriff mitzuverfolgen. Die meisten hörten nur Teile des Geschehnisses, ohne den Ernst der Lage zu erkennen, einige wenige sahen nur einen kleinen Teil des anfänglichen Übergriffes, und es gab keine Zeugen, die die Vergewaltigung und den Angriff im äußeren Flur sahen, der zu Genoveses Tod führte.

Trotzdem veranlasste der Mord an Genovese die Psychologen [[John M. Darley]] von der [[New York University]] und Bibb Latané von der [[Columbia University]], das Nichteingreifen der Zeugen wissenschaftlich zu untersuchen.<ref> {{Webarchiv |text=Archivlink |url=http://psych.princeton.edu/psychology/research/darley/pdfs/Bystander.pdf | wayback=20150513054703 |archiv-bot text=2018-03-26 23:28:15 InternetArchiveBot Archivlink}} Originalartikel von Latané und Darley (pdf)</ref> Als Hauptursachen des Verhaltens identifizierten sie [[Verantwortungsdiffusion|Aufteilung der Verantwortung]] und „[[Pluralistische Ignoranz]]“. Die Arbeiten von Darley und Latané motivierten zu etlichen weiteren [[Sozialpsychologie|sozialpsychologischen]] Studien über [[Altruismus|prosoziales Verhalten]]. Forschungen zu den Gründen [[Unterlassene Hilfeleistung|unterlassener Hilfeleistung]] betonen in starkem Maße auch die Bedeutung von [[Gruppenprozess (Psychologie)|Gruppenprozessen]] und [[Gruppendynamik]].
 
== Theorien zur Ursache ==
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=== Situation wahrnehmen ===
Bevor HilfeleistungHilfe gegebengeleistet werden kann, muss die Person einen Notfall erst einmal registrieren. Die Wahrnehmung kann durch zeitliche und räumliche Trennung verhindert werden. Auch die Lebhaftigkeit und Art des Notfalls kann die Wahrnehmungsmöglichkeit beeinflussen. Es wurde gezeigt, dass bei lebhaften Notfällen in 89 % der Fälle geholfen wird und bei nicht lebhaften Notfällen nur in 13 % der Fälle.
 
Eine weitere Studie zeigt, dass die Wahrnehmung auch durch die eigene Stimmung beeinflusst werden kann. McMillen, [[Barry Sanders (Soziolinguist)|Sanders]] und Solomon (1977) versetzten Teilnehmer in gute oder schlechte Stimmung durch die Rückmeldung, wie gut sie eine Aufgabe lösten. Während einer weiteren Aufgabe haben sie dann die Reaktionen der Versuchspersonen auf ein Geräusch in unterschiedlicher Lautstärke beobachtet. Diese Beobachtungen zeigen, dass Menschen in guter Stimmung schon bei wenigen Dezibel auf ein Geräusch reagieren und somit einen Notfall unter Umständen viel früher wahrnehmen können. McMillen, Sanders und Salomon führten die Studie zusätzlich in einer abgewandelten Form durch. Die Voraussetzung, ob gute oder schlechte Stimmung, wird wie in Studie 1 hergestellt. Im zweiten Durchgang wurde die Hilfsbereitschaft beobachtet. Auch hier zeigt sich, dass Menschen in guter Stimmung eher und ohne Aufforderung helfen.
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=== Verantwortung übernehmen ===
Wurde die Notfallsituation erkannt, muss der ''Bystander'' persönlich Verantwortung übernehmen, um eingreifen zu können. Oft drücken sich Personen in dem Glauben, dass andere besser qualifiziert seien. Das Verantwortungsgefühl nimmt in der Regel ab, je höher die Anzahl der Zuschauer ist. Dieses Phänomen nennt man auch [[Verantwortungsdiffusion]]. Moriarty (1975) zeigte diesen Effekt in seiner Studie. Er untersuchte an einem Strand das Verantwortungsgefühl von Personen. In der einen Versuchsbedingung bat man die Strandbesucher, explizit, auf Sachen aufzupassen, und in der Kontrollgruppe wurde lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass der Strohmann sein Handtuch verlässt. Daraufhin klaute in beiden Bedingungen ein weiterer Strohmann ein Radio von dem unbeaufsichtigten Handtuch. Es zeigt sich in den Ergebnissen, dass Menschen sich verantwortlicher fühlen, wenn sie die Verantwortung persönlich übertragen bekommen, denn unter dieser Bedingung helfen circa 94 % und in der anderen nur 20 %.
 
=== Entscheidung, welche Hilfe erforderlich ist ===
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== Kritik des Effekts ==
2019 erschien eine Untersuchung auf der Grundlage von 219 Aufnahmen von öffentlichen Kameras, die zeigenzeigten, dass in 91 % allerder beobachteten Fälle Opfern von Gewalt und AggresivitätAggressivität geholfen wirdwurde.<ref>[https://www.science20.com/news_staff/bystander_effect_debunked_in_91_of_real_world_cases_someone_helps-239169 ''Bystander Effect Debunked - In 91% Of Real World Cases Someone Helps''] Abgerufen am 28. Juni 2019</ref><ref>R. Philpot, L. S. Liebst, M. Levine, W. Bernasco, M. R. Lindegaard: ''Would I be helped? Cross-national CCTV footage shows that intervention is the norm in public conflicts.'' In: ''American Psychologist.'' Band 75, Nummer, 2020, S.&nbsp;66–75. {{DOI|10.1037/amp0000469}}</ref>
 
Ein Bericht von SWR 3 behauptet, dass in dieser Studie ausdrücklich nicht der Zuschauereffekt untersucht worden wäre.<ref>[https://www.swr3.de/aktuell/studie-zu-zivilcourage-die-meisten-menschen-helfen-in-notsituationen-100.html ''Studie zu Zivilcourage: Die meisten Menschen helfen in Notsituationen''], SWR 3, 16. Februar 2020</ref> Es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der Sender hier korrekt recherchiert hat. Die Studie schränkt lediglich ein, dass die Situation in New York wohl eine andere wäre; dort könne man weniger häufig mit Hilfe rechnen.
 
== Siehe auch ==
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== Weblinks ==
{{Commonscat|Bystander|Schaulustiger}}
* [https://www.n-tv.de/wissen/Zuschauer-Effekt-gibt-es-auch-bei-Ratten-article21900689.html „Zuschauer-Effekt“ gibt es auch bei Ratten], auf n-tv vom 9. Juli 2020
 
== Einzelnachweise ==