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Sozialstrukturanalyse

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Sozialstruktur ist ein Begriff aus der Soziologie und bezeichnet zumeist die Einteilungsmöglichkeiten von Gesellschaften nach - je nach Theorieansatz sehr unterschiedlichen - sozialen Merkmalen. Er erscheint in einführenden Lehrveranstaltungen des Faches meist als eine locker aufgefasste Übersicht, so wie im Folgenden behandelt. Doch hat sich im Anschluss an einige Theoretiker eine besondere soziologische Ausprägung und Entfaltung des Begriffes "Struktur" entwickelt, auf die hin zu weisen ist.

Begriffliches

Allgemein kann man unter "Sozialstruktur" die Gruppierung des sozialen Beziehungsgefüges einer Gesamtgesellschaft nach Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten in mehreren Dimensionen, im Einzelnen dann nach soziologisch je und je wichtigen Merkmalen fassen, dergestalt, dass sich die dauerhaften sozialen Wechselwirkungen dieser Gruppierungen untereinander erklären und verstehen lassen.

Als wichtige und durch Ähnlichkeiten strukturgebende Gruppierungen werden je nach der zu Grunde liegenden Theorie folgende Begriffe und Konzepte gebraucht:

Untersuchungen über die Sozialstruktur interessieren sich zum einen für den sozialen Wandel, also für die Veränderung der Sozialstruktur einer Gesellschaft über die Zeit, zum anderen für den Vergleich der Sozialstrukturen mehrerer Gesellschaften (und die damit verbundenen Einflussfaktoren).

Zur Einzelorientierung

Die nachfolgende Gliederung richtet sich vor allem nach der in der Soziologie am häufigsten auffindbaren Unterteilung in "Schichten" bzw. "Klassen", mit dem Ziel, zunächst zu orientieren. Zu beachten ist dabei: Da im Englischen class sowohl "Klasse" als auch "Schicht" oder gar "Stand" bedeuten kann, ist die wissenschaftliche Befassung geeignet, mehrere "Klassen"- und "Schichten"-Begriffe nebeneinander zu benutzen.

Es geht aber immer um eine ganzheitlich nutzbare Übersicht der sozialen Strukturierung der Gesellschaften und um das Aufzeigen der Parallelen zwischen den sonst getrennt gehandhabten Begriffsinstrumenten. Daher finden sich hier auch die Stände des Mittelalters sowie die religiös orientierten Gesellschaftsordnungen der Kasten.

Soziologische Betrachtung

Das Wort betitelt in den Studienplänen häufig Anfängerveranstaltungen in der Soziologie und erscheint so in Studienplänen ("Sozialstruktur der Bundesrepublik" u.ä.), dann geht es zumeist um die Aufschlüsselung einer Gesellschaft nach verschiedenen sozio-demographischen Kriterien (wie z.B. Alter, Geschlecht, höchster Ausbildungsstand, Einkommensgruppen, Einteilung Stadt-/Landbevölkerung usw. Mehr dazu siehe unter Bevölkerungsstruktur.)

Der folgende Artikelteil bietet eine erste unvollständige Übersicht einiger Theorien zur sozialen Stratifikation, nicht jedoch wird hier der soziologische Begriff der sozialen Struktur behandelt.

Wer mehr zur analytischen Auffassung von "Sozialstruktur" zu erfahren sucht, dem sei Georg Simmels Soziologie, sowie Robert Mertons Social Theory and Social Structure empfohlen. Einen kurzen Überblick über die Thematik sozialer Strukturen findet sich auch im englischen Wikipedia-Artikel.

Unterschiedliche Leitbegriffe

Schicht als Leitbegriff

Die Gliederung der Gesellschaftsmitglieder basiert hier auf ihren typischen Soziallagen und, es wird üblicherweise der "Schicht"-Begriff verwendet. Dabei werden objektive und subjektive Kriterien unterschieden. Zwischen sozialen Schichten ist für die einzelnen Akteure ein Wechsel möglich (sozialer Aufstieg oder Abstieg: soziale Mobilität).

Die einzelnen Schichtungsmerkmale bilden oft konträre (gegensätzliche, aber gestufte) soziale Gegensätze ab (z. B. Einkommen, Bildungsstufen, soziales Ansehen und Lebensstandard, -risiken, -chancen, Zufriedenheit etc.) - man hat mehr oder weniger davon. Teils aber auch werden sie kontradiktorisch aufgefasst (gegensätzliche und dichotomische: Eigentum, Herrschaft) - man hat sie entweder oder hat sie nicht. Moderne Modelle berücksichtigen stärker die gesellschaftliche Mobilität und die sozialen Unterschiede innerhalb gesellschaftlicher Milieus. Die jeweilige Gewichtung dieser einzelnen Merkmale wirft schwierige methodische Fragen auf, wenn man mit einem Modell weniger Schichten auskommen will. Einen Ausweg bilden hier Milieustudien. Ur- und frühgeschichtliche Schichtungsmerkmale (Schönheit, Fertilität, Kraft, Ausdauer) werden zur Bestimmung der Sozialstruktur gewöhnlich nicht erhoben und erscheinen allenfalls als Bestimmungsmerkmal von Prominenz, beispielsweise im show business oder im Sport.

In der Soziologie dient das Konzept der "Schicht" somit der vertikalen Untergliederung der Gesellschaft. Sowohl soziale Tätigkeitsveränderungen innerhalb einer Gruppe als auch Rangunterschiede bzw. Auf- bzw. Abstieg in andere Gruppen können so modelliert werden. Im Unterschied zum starren Klassenbegriff (s. u.), der sich ausschließlich auf die Stellung im Produktionsprozess bezieht, ist der „Schicht“-Begriff damit weiter gefasst. Das Schichtmodell erweitert die einfache zweipolige Anschauung von ‚oben‘ stehenden "Anführern", den so genannten Eliten, und der ‚unten‘ positionierten "Masse", den "Dominierten", denn zwischen diesen beiden Extremen existieren intermediäre Schichten.

Gerade auf diesen Mittelschichten ruht die Stabilität der politischen Ordnung nach Aristoteles. Sie stelle den Großteil der Bevölkerung. Helmut Schelsky hat hier die (umstrittene) Hypothese formuliert, dass moderne Gesellschaften zur "nivellierten Mittelstandsgesellschaft" tendieren.

Methodisch hat jede Schichtenanalyse mit dem Problem der "Statusinkonsistenz" zu kämpfen. Denn nach einem Merkmal kann eine untersuchte Person einer oberen, aber nach einem anderen einer unteren Schicht zugehörig sein. Krasse Beispiele dafür sind im Märchen der Schweinehirt, der die Prinzessin heiratet (Hypogamie) und in der Wirklichkeit der Langzeitarbeitslose als Lottomillionär.

Überblick soziologischer Ansätze

Der Schichtenbegriff ist, verglichen mit dem Klassen- und Ständebegriff, verhältnismäßig neu. Als Begründer der Schichtungssoziologie gilt Theodor Geiger, dieser entwickelte Ansätze des Schichtbegriff für die Sozialstrukturanalyse des Deutschen Reiches als eine Auseinandersetzung mit dem "Klassen"-Begriff. Ihm gegenüber ist im Englischen die social stratification (lat. stratum: Schicht) ein relativ spät aus der Geologie entlehnter Alternativbegriff gewesen, als "class" immer erfolgreicher marxistisch interpretiert wurde.

Bei dieser Konzeption wird die Gesellschaft in eine unbestimmte Zahl von sozialen Schichten oder Gruppen eingeteilt, die nach Merkmalen wie Beruf, Bildung, Erziehung, Lebensstandard, Macht, Art der Kleidung, Religion, Rasse, politische Meinung und Organisation definiert werden. Der Begriff ist eng mit den Auffassungen über die soziale Mobilität und die Kriterien der Industriegesellschaft verknüpft.

Die bekanntesten Schichtmodelle für Deutschland sind von Ralf Dahrendorf (1965), Karl Martin Bolte (1967) die "Bolte-Zwiebel" und Rainer Geißler (1967). Das Modell Geißlers ähnelt dem von Dahrendorf (zu ihm s. u.), wird jedoch dadurch ergänzt, dass es zu dem Dahrendorfschen "Haus" einen Anbau gibt, in dem spezielle Schichten für Ausländer definiert werden, also horizontal einteilende Schichtungsmerkmale hinzu treten.

Betriebswirtschaftlich beeinflusste Definitionen

Das häufig auch nur "Goldthorpe-Klassenschema" genannte Schema nach Erikson und Goldthorpe, ist weniger in der Soziologie als in der Marktforschung verbreitet. Es stellt eigentlich eher ein Schichtenschema mit milieubezogenen Merkmalen dar. Denn Goldthorpe unterteilt die Bevölkerung in sieben Schichten (die teilweise jedoch weiter untergliedert sind). Er unterscheidet seine Klassen an Hand ihrer Einkommensquellen und ihrer Stellung im Wirtschaftsprozess.

  1. Obere Dienstklasse (etwa Spitzenmanager) und
  2. Untere Dienstklasse mit hohen Qualifikationen, die in einem Angestelltenverhältnis stehen, beispielsweise höhere Beamte, Ärzte, Professoren
  3. Angestellte der ausführenden nicht-manuellen Klasse mit beschränkten Entscheidungsbefugnissen (Klasse 3a) und mit gering qualifizierten Routinetätigkeiten (Klasse 3b, z. B. Kassiererin)
  4. Selbständige außerhalb der Landwirtschaft (4a und 4b) und Landwirte (4c)
  5. Arbeiter(-innen), Techniker, Facharbeiter (5)
  6. qualifizierte ("learned") Arbeiter(6)
  7. unqualifizierte ("unlearned") Arbeiter (7a) sowie in der Landwirtschaft Beschäftigte ohne Ausbildung (7b)

Dieses Messkriterium hat den Vorteil, dass es für empirische Marktforschung einfach zu operationalisieren ist. Da bei ihm auch die oberste Klasse noch als „Dienstklasse“ bezeichnet wird, fehlt ihm die (für Massenmärkte unbeachtliche) Spitzenklasse, die empirisch allerdings auch in der Soziologie überhaupt sehr schwer zu erforschen ist, jedoch in einer Sozialstruktur nie fehlen dürfte (superreiche Selbstständige, hohe Politiker u. ä., vgl. Elite). Soziologisch ist dieser Ansatz unbefriedigend, wie es eine Strukturanalyse der Katholischen Kirche wäre, die den Papst ausließe.

Doch ist hier auch auf das ähnlich nach Konsumentengruppierungen operierende Klassenmodell nach Engel, Blackwell und Kollat zu verweisen (siehe dort).

Klasse als Leitbegriff

Siehe auch Klasse (Soziologie).

Definition nach Marx

Nach der ursprünglichen Definition von Saint-Simon, die Karl Marx von ihm übernahm, sind "Klassen" durch die Stellung der ihr Angehörigen im Produktionsprozess definiert. Er unterscheidet für jedes historisches Produktionsverhältnis zwei alle anderen Klassen mit deren Spezialproblemen – mit deren „Nebenwidersprüchen“ – dominierenden Klassen: die Nichtbesitzer und die Besitzer der vorwiegenden Produktionsmittel. Für die kapitalistische Produktionsweise sind das die Proletarier und Kapitalisten, in der antiken "Sklavenhaltergesellschaft" aber z. B. sind dies die Sklaven und die Sklavenhalter.

Aus der Analyse der ökonomischen Verhältnisse wird deutlich, so Marx, dass die Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft, die rechtlich frei sind, jedoch einzig ihre Arbeitskraft zu verkaufen haben, kontradiktorisch andere Interessen haben müssen als diejenigen, die über Produktionsmittel verfügen und Arbeitskräfte einstellen. Die Einen wollen beispielsweise ihre Arbeitskraft möglichst teuer verkaufen und möglichst wenig dafür tun, die anderen die Arbeitskraft billigst einkaufen und möglichst lange und intensiv schaffen lassen. In der Volkswirtschaftslehre ist dies als das sog. "MiniMax-Prinzip" bekannt, wonach beide Seiten einander ebenfalls kontradiktorisch gegenüber stehen. Dieser grundsätzliche Antagonismus bestehe unabhängig von den Vorstellungen der Menschen über ihre eigene Lage (siehe auch: Warenfetischismus).

Sobald Mitglieder einer Klasse die Gemeinsamkeit ihrer Interessen erkennen und danach zu handeln beginnen, spricht Marx von einem Übergang von der "Klasse an sich" (d. h. einer Klasse, die nur begrifflich durch die Stellung im Produktionsprozess gekennzeichnet ist) zur "Klasse für sich", also zu einer Klasse, die sich ihrer selbst bewusst und willens wird, für ihre Interessen gemeinsam zu kämpfen. Bewusst oder unbewusst befänden sich demnach die beiden analytisch bestimmbaren Klassen "Lohnarbeit" und "Kapital" in einem permanenten Streit, dem sog. Klassenkampf.

Beachtliche Ansätze, mit Hilfe einer marxistischen "Klassen"-Analyse auch den 'Realsozialismus' des vormaligen Ostblocks zu kritisieren, waren nicht selten (vgl. Milovan Djilas, Rudi Dutschke u. a. m.).

Definition nach Weber

Der Begriff der sozialen Klasse wurde innerhalb der Soziologie von Max Weber differenziert und ausgeweitet. Er definierte "Klasse" als die

Typische Chance ..., welche aus Maß und Art der Verfügungsgewalt (oder des Fehlens solcher) über Güter und Leistungsqualifikationen und aus der gegebenen Art ihrer Verwertbarkeit für die Erzielung von Einkommen und Einkünften innerhalb einer gegebenen Wirtschaftsordnung folgt.

Weber unterscheidet im folgenden drei Formen von Klassen:

  1. die Besitzklassen (sie werden durch den Besitz bestimmt),
  2. die Erwerbsklassen (sie werden durch die Erwerbschancen bestimmt) und
  3. die soziale Klassen (sie werden durch ihre Chancen/Risiken des sozialen Auf- und Abstiegs bestimmt).

Definition nach Dahrendorf

Nach Ralf Dahrendorf (vgl. dort, 1956) sind "Klassen" nicht nur durch Besitz bzw. Nichtbesitz speziell von "Produktionsmitteln", sondern schlechthin von Machtmitteln zu definieren. Damit sind z.B. sogar Gewaltmittel einbezogen.

Obwohl Macht überall wirkt, führen bei Dahrendorf ihre Antagonismen doch nicht zu einem universalen Bürgerkrieg, da alle sozialen Akteure unterschiedliche soziale Rollen inne haben (vgl. dazu:homo sociologicus“) und in jeder Rolle in einem anderen Klassen-Antagonismus stehen können. Dies erklärt, warum sie sich ggf. nirgends 100prozentig engagieren, und warum auch ihre Klassengegner innerhalb eines Machtverhältnisses (z. B. im Betrieb) Antagonisten, innerhalb eines anderen (z. B. in der Kirchengemeinde oder Partei) dagegen ihre Machtverbündeten sind, was die Gewaltsamkeit und Intensität sozialer Konflikte mildert.

Definition nach Bourdieu

Nach Pierre Bourdieu gibt es drei große Klassenlagen : das Großbürgertum/Bourgeoisie, das Kleinbürgertum und die Arbeiterschaft. Diese verteilen sich im sozialen Raum entlang einer "vertikalen" Achse, auf der mehr oder weniger die Herrschaftsverhältnisse abgebildet sind. Die Klassen differieren unter anderem durch das Distinktionsvermögen ihrer Angehörigen.

Innerhalb der einzelnen Klassen unterscheidet Bourdieu - auf einer "horizontalen" Achse - Klassenfraktionen mit einer je spezifischen Position und symbolischen Auseinandersetzungen im Raum der Lebensstile, etwa das Besitzbürgertum (Unternehmer; an Tradition und Luxus orientiert), die neue Bourgeoisie (leitende Angestellte; an Fortschritt orientiert) und das Bildungsbürgertum (Intellektuelle, Lehrkräfte an Universitäten; an Bohème oder (erzwungener) Askese orientiert). Die einzelnen Klassenfraktionen grenzt Bourdieu an Hand der Struktur ihres gesamten Kapitals gegeneinander ab. Dabei unterscheidet Bourdieu ökonomisches Kapital von kulturellem Kapital, sozialem Kapital und symbolischem Kapital. So ist etwa beim Bildungsbürgertum ein hohes "kulturelles Kapital", aber nur ein relativ gering ausgeprägtes "ökonomisches Kapital" vorzufinden. Die verschiedenen Klassenfraktionen werden zum Teil auch als Milieus bezeichnet.

Die Bedingungen der sozialen Lage, also der Verortung im sozialen Raum, determinieren einen jeweils unterschiedlichen „Habitus“, während die Handlungsstrategien einen gewissen individuellen Freiheitsspielraum bieten. Der Habitus prägt den spezifischen Geschmack, aber auch die Praxisformen, also die jeweils ausgeübten und präferierten sozialen Praktiken (d. h.: den Lebensstil). Zugleich ermöglicht der Habitus eine Unterscheidung zwischen der Eigengruppe und Fremdgruppen. Der je nach Klasse und Klassenfraktion unterschiedliche Lebensstil wurde von Bourdieu in einer umfangreichen Untersuchung vor allem der Konsumverhältnisse im Frankreich der 1960er und 1970er Jahre empirisch bestätigt Die feinen Unterschiede.

Eine Weiterentwicklung des bourdieuschen Modells der sozialen Gliederung der Gesellschaft findet sich in der Milieutheorie, wie sie von Michael Vester und anderen verwendet wird.

Definition nach Wright

Erik Wright unterteilt eine Gesellschaft in 12 Klassen und ist eng an dem marxschen Klassenbegriff orientiert. Es gibt ein älteres und ein jüngeres Klassenschema von Wright, hier soll nur die (2005) aktuelle Version erklärt werden. In diesem Schema gibt eine Unterteilung in:

  • Besitzer von Produktionsmitteln (Unternehmer), die Klassen 1-3 im Schema von Wright
  • Nicht-Besitzer von Produktionsmitteln (Arbeitnehmer), die Klassen 4-12

Die Klassen 1-3 (bourgeoisie, small employers, petty bourgeoisie) dienen dazu, die Unternehmer (Besitzer von Produktionsmitteln) einzuteilen, hierbei gilt:

  1. Bourgeoisie sind Unternehmer die typischerweise mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen, sie besitzen ausreichend Kapital um Arbeiter einzustellen, sie selber müssen hierbei nicht arbeiten
  2. Small employers (Kleinunternehmer) haben typischerweise weniger als 10 Mitarbeiter, können es sich leisten, Mitarbeiter einzustellen, müssen jedoch selber mitarbeiten
  3. Petty Bourgeoisie (Kleinbürgertum), sind eigenständige Unternehmer, die genügend Kapital besitzen um ein eigenes Unternehmen zu gründen, es sich jedoch nicht leisten können, Mitarbeiter einzustellen, und daher gezwungen sind zu arbeiten.

Arbeitnehmer (Nicht-Besitzer von Produktionsmitteln), werden bei Wright anhand von zwei Merkmalen unterteilt, nach ihren Qualifikationsressourcen (Bildungsabschlüssen) und nach ihren organisatorische Ressourcen (Verfügungsgewalt über Material und Untergebene).

Milieu als Leitbegriff

Siehe auch Soziales Milieu als Hauptartikel.

Als Soziales Milieu wird nach Émile Durkheim die soziale Umgebung beschrieben, in der ein Individuum aufwächst und lebt. Durkheim unterscheidet zwischen innerem und äußerem sozialen Milieu. Rainer Lepsius hat den Begriff später aufgegriffen um Wahlverhalten zu erklären, er unterscheidet innerhalb der Weimarer Republik drei große sozial-moralisches-Milieus, in welchen die Personen "von der Wiege bis zur Bahre" umgeben waren, nämlich

  • das liberal-protestantische Milieu,
  • das sozial-demokratische Milieu.
  • das katholische Milieu.

In der Lebensstil- und Ungleichheitsforschung wurde in den 1980er Jahren der "Milieu"-Begriff ausdifferenziert und eine Unterscheidung zwischen sozialer Lage, Lebenszielen und Lebensstilen getroffen, die Handlungsmuster zur Erreichung von Lebenszielen beschreiben. Der "Milieu"-Begriff geht davon aus, dass der Lebensstil von Menschen nicht nur auf Grund äußerer Umstände sondern auch von inneren Werthaltungen geprägt wird. Der Begriff soziales Milieu bezieht sich damit auf Gruppen von Individuen mit ähnlichen Lebenszielen und Lebensstilen und umfasst Mentalität und Gesinnung der Personen. Durch die zunehmende Pluralisierung der Gesellschaften und die Individualisierung der Lebensstile wird die vormals enge Verknüpfung zwischen sozialer Lage und Milieus entkoppelt, auch wenn soziale Milieus weiterhin nach Status und Einkommen hierarchisch eingeordnet werden können.

Stand als Leitbegriff

Siehe Ständeordnung als Hauptartikel.

Die mittelalterliche und frühneuzeitliche Gesellschaft Europas gliederten sich in mehrere Stände. Das Ständesystem war seinerzeit ein gesellschaftliches mindestens ebenso selbstverständliches Ordnungsmodell, wie es für spätere Zeiten die von Marx beschriebenen Klassen oder die von Helmut Schelsky, Karl Martin Bolte und anderen in die Gesellschaftslehre eingeführten sozialen Schichten wurden.

Verbreitet war die Drei-Stände-Ordnung, wie sie insbesondere für Frankreich charakteristisch war:

  • Der 1. Stand umfasste die Gruppe aller Geistlichen, d. h. Angehörige der hohen Geistlichkeit wie des niederen Klerus.
  • Im 2. Stand wurde der Adel zusammengefasst. Auch hier spielte es keine Rolle, ob man aus einer höheren Adelsschicht oder aus einer niederen kam und etwa dem oft verarmten Landadel angehörte.
  • Der 3. Stand umfasste nominell alle Stadtbürger, gelegentlich auch die freien Bauern, jedoch nicht den 'Rest' der Bevölkerung.

Denn unterhalb der Stände gab es sehr kopfreiche unterständische Gruppieren der halb- und unfreien Bauern, des Haus-, Hof-, Klostergesindes, die unehrlichen Berufe (z. B. die Müller), das Fahrende Volk, Verarmte, Entlaufene, abgedankte Söldner und Räuber; auch Minderheitenangehörige (Juden, Zigeuner) usf.

Gelegentlich waren auch die Bauern standfähig (Schweden, Tirol), in Mitteleuropa war nach dem Bauernkrieg von 1525 aber nicht mehr daran zu denken.

Das ständische System galt den Menschen des Mittelalters und der frühen Neuzeit als feste gottgegebene Ordnung, in der jeder seinen unveränderlichen Platz habe. In seinen Stand wurde man hinein geboren. Ein Aufstieg war in der Regel nicht möglich (siehe jedoch Hypergamie). Verdienst oder Reichtum hatten nur wenig Einfluss darauf, welchem Stand man angehörte. So konnte etwa ein Bürger, der als Kaufmann zu großem Vermögen gekommen war, wesentlich reicher sein als ein armer Adliger. Das ständische System ist ein statisches Gesellschaftsmodell. Nicht von ungefähr haben statisch und status, das lateinische Wort für Stand, dieselbe etymologische Herkunft.

Die politisch berechtigten Stände (oder Landstände) waren eng mit den gesellschaftlichen Ständen verknüpft, ja letztere waren die Voraussetzung für deren Existenz. Die politische und militärische Macht konzentrierte sich im Mittelalter keineswegs in der Hand des Landesherren bzw. Königs. Vielmehr war dieser bei seiner Herrschaft auf die Mitwirkung der gesellschaftlichen Eliten (Vasallen) angewiesen. Zunächst brauchte er die militärische Leistung seiner adeligen Vasallen, dann finanzielle Abgaben, die er aber nur mit Zustimmung der Grundherren - also den Adligen oder den Klöstern und Stiftern - erheben lassen konnte. Der Höhepunkt ständischer Macht lag in den meisten europäischen Ländern in der Zeit vom 15. bis zum 17. Jahrhundert. In manchen evangelisch gewordenen Territorien verschwanden die Klöster und Stifte im Laufe des 16. Jahrhunderts aus dem ständischen System, in anderen (z. B. Württemberg) nahmen evangelische Prälaten die Rechte ihrer katholischen Vorgänger wahr.

Kaste als Leitbegriff

Siehe Kaste als Hauptartikel.

Der Begriff "Kaste" wird in erster Linie mit einem aus Indien bekannten sozialen Phänomen assoziiert. Der soziologische Bezug wird durch die lebenspraktischen Auswirkungen auf formelle Umgangsrestriktionen deutlich. Der Begriff wird aber auch umgangssprachlich oder soziologisch allgemein benutzt und auf einzelne Gruppierungen anderer und sogar moderner Gesellschaften angewandt. Eine bedeutende Rolle beim "Kasten"-Begriff spielt hier seine hohe, da auch religiös verfestigte Starrheit (vgl. Soziale Mobilität"), die noch diejenige der Ständeordnung übertrifft. Doch ist auch hier sozialer Aufstieg möglich (z. B. oft durch Aufspaltung einer Kaste), was in der indischen Soziologie als sanscritization bezeichnet wird.

Auch die Kastenzugehörigkeit des Individuums wird, ähnlich der Ständeordnung durch die Geburt bestimmt, wobei Ein- oder Austritt theoretisch ebenfalls nicht möglich sind (es sei denn, man verließe die hinduistische Religion und werde z. B. Buddhist oder Christ). Die soziale Mobilität innerhalb der Kasten ist tatsächlich jedoch existent. So kann in der Praxis ein Mitglied aus seiner Kaste ausgeschlossen werden, was in etwa der mittelalterlichen Exkommunikation im christlichen Abendland entspricht. Ebenso sinkt ein Mitglied in die Kaste eines niedrigeren Ehepartners ab, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den Mann oder die Frau handelt.

Das Kastenwesen ist insbesondere in Indien, auf Ceylon, in Nepal und auf Bali, aber auch bei den kurdischen Jesiden verbreitet. Vorwiegend durch Kasten geprägte Gesellschaften sind zudem bei einigen Stämmen im übertragenen Sinne anzunehmen, in der Neuzeit sonst nicht mehr vorhanden. Doch können auch in nach sozialen Schichten und Funktionen reich untergliederten und sehr durchlässigen (mobilen) Gesellschaften einzelne Gruppierungen dennoch ausgeprägte "Kasten"-Züge aufweisen (z. B. im Klerus, im Offiziersstand, als Kader einer kommunistischen Diktatur). Sie werden dann meistens als andere soziale Muster ausgedeutet.

Andere Leitbegriffe

Die Ethnologie hat, vor allem bei Stammesgesellschaften, weitere Leitbegriffe heraus gearbeitet (siehe dort), z. B. Verwandtschaft, Clan oder Phratrie.

Arbeitsmigranten bringen solche Vorstellungen auch in Industriebetriebe mit und 'übersetzen' dortige Organisationsstrukturen in ihre eigeen Stammesstrukturen und 'verstehen' sie dann von daher. Dabei beobachten und urteilen sie sehr differenziert, weil dafür ihre mitgebrachten Kategorien durchaus komplex genug erscheinen, wie es beispielsweise Bruce Kapferer bei den Bergarbeitern in Kabwe (Sambia) erforscht hat.

Datenquellen

Eine Analyse der Sozialstruktur bedient sich nicht selten auch der Daten aus der demografisch und statistisch orientierten Bevölkerungsstruktur und der volkswirtschaftlich orientierten Wirtschaftsstruktur. Sie sind für die Querverbindungen zwischen Soziologie, Verwaltung und den Wirtschaftswissenschaften wichtig.

Doch werden dort andere Daten nach anderen Merkmalen, unter anderen rechtlichen Voraussetzungen und für andere Zwecke als die soziologische Analyse erhoben und präsentiert. Im Übrigen siehe dort.

Literatur

  • Ulrich Beck: Jenseits von Klasse und Stand? in: R. Kreckel (Hg.) Soziale Ungleichheiten, Sonderband 2 der Sozialen Welt, Schwartz, Göttingen 1983, S. 35-74
  • Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987.
  • Nicole Burzan: Soziale Ungleichheit. 2. Auflage. VS Verlag 2005
  • Theodor Geiger: Die soziale Schichtung des deutschen Volkes. Enke, Stuttgart 1932
  • Günter Endruweit: Milieu- und Lebensstilgruppe - Nachfolger des Schichtenkonzepts?, Hampp, München/Mering 2000
  • Rainer Geißler: Die Schichtungssoziologie von Theodor Geiger. Zur Aktualität eines fast vergessenen Klassikers. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. 37.Jg., 1985, S. 378-410
  • Rainer Geißler: Die Sozialstruktur Deutschlands. Die gesellschaftliche Entwicklung vor und nach der Vereinigung. 3. Auflage. Westdeutscher Verlag 2002. ISBN 3531329235
  • Stefan Hradil: Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich. VS Verlag 2004
  • Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie. Dietz, Berlin 1962 (3 Bände, MEW Bd. 23-25)
  • Paul Mombert: Die Tatsachen der Klassenbildung. Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 44 (1920), Heft 4, S. 93-122.
  • Wolfgang Teckenberg: Klassen als Kontexte im europäischen Gesellschaftsvergleich. Soziale Welt 55 (2004), Heft 4, S. 389-424
  • Michael Vester, Peter von Oertzen, Heiko Geiling, Thomas Hermann und Dagmar Müller: Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Zwischen Integration und Ausgrenzung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001.
  • Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft (diverse Ausgaben)
  • Erik Wright: Classes (1985)

Siehe auch