Dogmatik
Dogmatik ist ein eigenständiges Lehrfach an katholischen und evangelischen theologischen Fakultäten über die dogmatische Auslegung des Inhalts der christlichen Glaubenslehre. Die Dogmatik nimmt besonders in der römisch-katholischen Kirche eine zentrale Stellung ein, da hier die Glaubenswahrheiten der katholischen Kirche vermittelt werden. Sie ist neben den Fachgebieten der Christlichen Ethik (Theologische Ethik und Moraltheologie) sowie Christliche Sozialethik (Christliche Soziallehre) und der katholischen Fundamentaltheologie Teilgebiet der Systematischen Theologie. Die Darstellung der historischen Entwicklung der Dogmen ist Gegenstand der Dogmengeschichte.
Begriff und Geschichte
Das griechische Wort Dogma bedeutete ursprünglich eine rechtliche Verordnung[1] oder eine philosophische Grundlehre. In der christlichen Dogmatik geht es um Glaubenslehren. Der Begriff „Dogmatik“ kam erst im 17. Jahrhundert auf, das damit verbundene Anliegen ist aber weit älter. Als erste christliche Dogmatik gilt das theologische Hauptwerk von Origenes, De principiis (deutsch: Von den Grundlehren). Im späteren Mittelalter sehr einflussreich wurden die vier Bücher Sententiarum (über die Grund-Sätze) des Petrus Lombardus und die Summa theologiae (Zusammenfassung der Theologie) des Thomas von Aquin.[2]
Teilgebiete
Wichtige Teilgebiete (Traktate) der Dogmatik sind:
- Schriftlehre
- Theologische Anthropologie
- Trinitätslehre bezüglich der Einheit und Dreiheit (Dreieinigkeit, Dreifaltigkeit) von Vater, Sohn und Geist
- Gotteslehre bezüglich der Vater-Gottheit im engeren Sinne
- Schöpfungslehre
- Christologie bezüglich Jesus von Nazaret als Christus
- Soteriologie bezüglich des Heils durch Jesus Christus
- Gnadenlehre im Bezug zur Soteriologie
- Pneumatologie bezüglich des Heiligen Geistes
- Angelologie bezüglich der Engel
- Ekklesiologie bezüglich der Kirche
- Sakramentenlehre
- Eschatologie bezüglich der Hoffnungen auf die Vollendung der Welt und des Einzelnen, früher: die Lehre von den letzten Dingen
sowie zusätzlich in der katholischen Theologie:
- Mariologie bezüglich der Maria als Mutter Gottes
Überblick
In der theologischen Dogmatik geht es nicht darum, ein Lehrgebäude auf wenige Grundsätze zurückzuführen. Vielmehr geht es darum, das Ganze der Offenbarung und des christlichen Glaubens zu entwickeln, der allerdings bezogen auf einzelne zentrale Glaubenswahrheiten im Verständnis wenigstens der katholischen und orthodoxen Theologie in den Lehrentscheidungen (Dogmen) der Kirche bis heute verbindlichen Ausdruck gefunden hat. In der Theologie geht es deshalb immer auch um die Begründung, Entfaltung und Deutung dieser Lehrentscheidungen.
Ähnlich kann der Begriff auch in Bezug auf andere Wissenschaften verwendet werden. So ist die Rechtsdogmatik etwa der Versuch einer systematischen Entwicklung und Darstellung des geltenden Rechts. Ähnlich ist die Verwendung des Begriffes „Dogmatik“ in der Ökonomie möglich.
Zu unterscheiden ist der Begriff der Dogmatik zum einen von dem der deduktiven oder enger axiomatischen Methode, in der ausgehend von wenigen Basisaussagen (Axiomen) andere Lehrsätze oder Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Zum anderen vom Dogmatismus, einer Geisteshaltung, die unkritisch bestimmte Überzeugungen (»Dogmen« im übertragenen Sinn) als nicht hinterfragbar festhält und so die Freiheit des Denkens und Weiterentwicklung der Wissenschaft behindert.
Das Spektrum systematisch-theologischer und dogmatischer Aussagen ist naturgemäß sehr breit gefächert. Unbeschadet der Gemeinsamkeit im apostolischen oder nicaenischen Glaubensbekenntnis gibt es dennoch sowohl konfessionelle Unterschiede – wie evangelische, katholische, orthodoxe Theologie – als auch verschiedene theologische Schulen – wie fundamentalistisch, konservativ, evangelikal, liberal, dialektisch, existenzial, feministisch, befreiungstheologisch usw. –, die verschiedene Deutungen anbieten.
Dogmatiker
Dogmatiker sind Theologen, die sich mit dem Fachgebiet der Dogmatik befassen. Bedeutende Dogmatiker sind in der entsprechenden Kategorie verzeichnet.
Im Alltagsgebrauch bezeichnet man als Dogmatiker eine Person, die sich (im Negativen) stur weigert von bestimmten Grundsätzen abzulassen.
Siehe auch
Literatur
- Johann Auer, Joseph Ratzinger: Kleine Katholische Dogmatik. 9 Bände in 10 Teilbänden, Regensburg 1977–1990, ISBN 3-7917-0798-1.
- Wilfried Härle: Dogmatik. Berlin und New York 2000² ISBN 3-11-016589-9.
- Ulrich H. J. Körtner: Dogmatik (LETh 5). Leipzig 2018 ISBN 978-3-374-04985-1.
- Thomas Marschler/Thomas Schärtl (Hrsg.): Dogmatik heute. Bestandsaufnahme und Perspektiven. Regensburg 2014, ISBN 978-3-7917-2582-6.
- Gerhard L. Müller: Katholische Dogmatik. Freiburg 2005 ISBN 3-451-28652-1.
- Ludwig Ott: Grundriss der Katholischen Dogmatik. 11. Auflage mit Literaturnachträgen, Bonn 2005, ISBN 3-936741-25-5.
- Otto Hermann Pesch: Katholische Dogmatik aus ökumenischer Erfahrung, Bd. 1/1: Die Geschichte der Menschen mit Gott. Ostfildern 2008.
- Horst Georg Pöhlmann: Abriss der Dogmatik. Ein Kompendium. ISBN 978-3-579-00051-0
- Theodor Schneider (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. 2 Bände, Düsseldorf 2000, ISBN 3-491-69024-2.
- Theologische Realenzyklopädie Bd. 9 (1982):
- Gerhard Sauter: Dogmatik I. Enzyklopädischer Überblick und Dogmatik im deutschsprachigen Raum. S. 41–77.
- Anders Jeffner: Dogmatik II. Dogmatik in den nordischen Ländern. S. 77–92.
- Alasdair Heron: Dogmatik III. Dogmatik in Großbritannien. S. 92–104.
- Frederick Herzog: Dogmatik IV. Dogmatik in Nordamerika. S. 104–116.