Domenico Scarlatti

italienischer Komponist des Barock

Giuseppe Domenico Scarlatti (auch: Domingo Escarlate (portugiesisch) oder Domingo Escarlatti (spanisch); * 26. Oktober 1685 in Neapel; † 23. Juli 1757 in Madrid) war ein italienischer Komponist und Cembalist. Seine Hauptbedeutung liegt in den Sonaten für Cembalo, die zum Originellsten ihres Genres im 18. Jahrhundert zählen.[1][2]

Domenico Scarlatti, Porträt von Domingo Antonio Velasco (1738)

Domenico Scarlatti war das sechste von zehn Kindern des seinerzeit berühmten und bedeutenden Opernkomponisten Alessandro Scarlatti und seiner Frau Antonia Anzalone.[3] Auch sein älterer Bruder Pietro Filippo Scarlatti war Musiker. Über weitere Lehrer ist nichts Genaues bekannt, aber er könnte auch Unterricht bei Francesco Gasparini und Bernardo Pasquini gehabt haben. Schon 1701 war der sechzehnjährige Domenico für die Hofkapelle des spanischen Vizekönigs in Neapel als Organist und Komponist tätig. In Florenz stand er ab 1702 gemeinsam mit dem Vater in Diensten des Prinzen Ferdinando de’ Medici. Seine ersten Opern wurden bereits ab 1703 in Neapel aufgeführt, darunter L’Ottavia ristituita.

Zwischen 1705 und 1709 war Domenico in Venedig; genaueres über diesen Aufenthalt ist nicht bekannt, aber er könnte während dieser Zeit mit Gasparini und Vivaldi Kontakt gehabt haben. 1709 trat er in Rom eine Anstellung bei der im Exil lebenden polnischen Königin Maria Casimira Sobieska an, für deren Privatbühne er im Laufe der folgenden Jahre sechs Opern sowie mindestens eine Kantate und ein Oratorium schrieb. Er nahm außerdem regelmäßig an den Accademie poetico-musicali des hochgebildeten Kardinals Pietro Ottoboni teil, wo auch Arcangelo Corelli, Pasquini und Georg Friedrich Händel verkehrten. Händel und Scarlatti sollen sich trotz Rivalität angefreundet und später nur mit Hochachtung voneinander gesprochen haben; Scarlatti soll sich jedes Mal bekreuzigt haben, wenn Händels Name fiel. Einer Anekdote Mainwarings zufolge lieferten sie sich in Rom einen Wettkampf, bei dem Händel im Orgelspiel siegte, Scarlatti hingegen das Cembalospiel für sich entschied. Auf den Tasteninstrumenten spielte Scarlatti bereits in Venedig mit zehn Fingern und beeindruckte durch seine Virtuosität das Publikum. Dazu der englische Komponist Thomas Roseingrave:

„Ihm sei gewesen, als ob zehn Mal Hundert Teufel gesessen wären, nie zuvor hatte er ein derart hinreißendes Spiel gehört.“

Thomas Roseingrave

Im Jahre 1715 wurde Scarlatti maestro di capella an der Capella Giulia und wurde somit zum Nachfolger des am 22. Dezember 1714 verstorbenen maestro di capella Tommaso Baj[4][5] an der Capella Giulia des Vatikan.[A 1] Zu dieser Zeit komponierte er überwiegend Opern und geistliche Vokalwerke, von denen nur noch wenige erhalten sind, u. a. ein meisterhaftes 10-stimmiges Stabat Mater.[A 2] In einem merkwürdigen Dokument vom 28. Januar 1717 ließ sich Domenico offiziell Unabhängigkeit von seinem Vater zusichern, der anscheinend allzu dominant seine Karriere und sein Leben steuern wollte.[6]

 
Domenico Scarlatti, Ausschnitt aus der Kantate Tinte a note di sangue

Schon 1714 nahm er zusätzlich zu seinen übrigen Verpflichtungen eine Anstellung beim portugiesischen Botschafter Marquês de Fontes an, der einer der zahlungkräftigsten Gesandten in Rom war. Dieser Kontakt führte vermutlich zu der wichtigsten und schicksalhaftesten Wende seines Lebens: 1719 übersiedelte Scarlatti nach Portugal und wurde in Lissabon Musiklehrer und Hofkapellmeister am Hofe des frommen und verschwendungssüchtigen Königs Johann V., der auch eine Reihe päpstlicher Sänger anheuern und die Chorbücher des Vatikan kopieren ließ.[7] Scarlatti hatte hier vor allem geistliche Vokalwerke zu liefern und schrieb auch einige weltliche Serenaten. Er unterrichtete außerdem den jüngeren Bruder des Königs, Dom António (1695–1757), und am Cembalo die an Asthma leidende portugiesische Prinzessin Maria Barbara de Bragança, die sich als hochbegabte Musikliebhaberin erwies. Dokumente und musikalische Werke der Lissaboner Schaffensperiode sind nicht mehr vorhanden, da nahezu das gesamte Notenmaterial der dortigen Bibliotheken durch das Erdbeben von 1755 verlorenging. Während seiner portugiesischen Zeit unternahm Scarlatti drei Reisen nach Italien: 1724, 1725 kurz vor dem Tode seines Vaters, und 1728. Bei seiner zweiten Reise lernte er Johann Joachim Quantz und Johann Adolph Hasse kennen, die damals als Schüler Alessandros in Italien weilten. Bei der Reise von 1728 heiratete der 42-jährige Domenico die 16-jährige Maria Caterina Gentili, mit der er fünf Kinder haben sollte.

Als Maria Bárbara 1729 den spanischen Thronfolger Don Fernando von Asturien (ab 1746 König Ferdinand VI.) heiratete, folgte ihr Scarlatti in ihre neue Heimat. Sie gingen zunächst nach Andalusien, wo der Hof anfangs zwischen Sevilla, den Sierras, Granada, Cádiz und anderen Hafenstädten hin- und herreiste. Die Cembali der Prinzessin wurden dabei auf dem Rücken von Maultieren transportiert. Von Oktober 1730 bis zum 16. Mai 1733 wurden die Alcázares Reales in Sevilla zur festen Residenz. Danach zog der Hof nach Norden in die Umgebung von Madrid, wo er je nach Jahreszeit abwechselnd in den Schlössern Buen Retiro, El Pardo, Aranjuez, La Granja und El Escorial weilte.

 
Louis-Michel van Loo: Die königliche Familie von Spanien (1743), im Hintergrund auf der Empore einige Hofmusiker, zweite Dame v. l. (in Blau): Maria Bárbara, daneben stehend: ihr Gemahl Fernando, daneben sitzend: König Philipp V. (zweiter Herr v. l.), in der Mitte (neben der Krone): Königin Elisabetta Farnese
Sonate f-Moll von Domenico Scarlatti (ohne Wiederholungen) auf einem Cembalo, Kirkpatrick 466, Kirnberger-Stimmung

Von Scarlattis Leben nach seiner Übersiedlung nach Spanien ist nur sehr wenig bekannt. Man kennt nicht einmal seine genaue Position bei Hofe; in Dokumenten über Opernaufführungen wird er nicht erwähnt. Er stand vermutlich weiterhin in den „privaten“ Diensten Maria Bárbaras und scheint sich praktisch ausschließlich dem Cembalo und der Komposition seiner Sonaten gewidmet zu haben, in relativer Zurückgezogenheit, weit entfernt von der italienischen Heimat, sowie beeinflusst durch die spanische Musik. Es sind außerdem einige Kantaten erhalten.[8]

Andere bedeutende Musiker am spanischen Hofe waren zu seiner Zeit die Hofkapellmeister José de Torres (1670–1738) und Antonio de Literes (1673–1747). 1738 wurde der französischstämmige Italiener Francesco Corselli (eigentl. Courcelle) „maestro de capilla“, José de Nebra (1702–1768) war ab 1751 erster Organist und Assistent Corsellis. Im Escorial lebte und wirkte außerdem der junge Mönch Antonio Soler, der eventuell ein Schüler Scarlattis war. Der berühmteste von allen war der Sopranist Farinelli, der ab 1737 am Hofe lebte und dem depressiven König Philipp V jeden Abend vorsingen musste. Nach dem Tode Philipps 1746 wurde Maria Bárbara Königin von Spanien. Da sie eine leidenschaftliche Opernliebhaberin war, stand Farinelli in allerhöchster Gunst und kümmerte sich um die Opernaufführungen.

Scarlatti legte am 21. April 1738 im Kapuzinerkloster San Antonio del Prado mit Zustimmung des portugiesischen Königs Johanns V. die Gelübde als Ritter des Ordens von Santiago ab. Dem König sind auch die 30 Essercizi per Gravicembalo (= 30 Übungen für Cembalo) gewidmet, die Scarlatti in der Folge publizieren ließ; sie erschienen 1739 in London bei Adamo Scola im Druck und machten ihn mit einem Schlage in ganz Europa als sagenumwobenen Cembalovirtuosen berühmt. Aus dem Widmungstext geht hervor, dass zumindest einige, wenn nicht alle dieser Stücke schon in Portugal entstanden sein müssen:[9]

„…Es sind Kompositionen, die unter den allerhöchsten Auspizien EURER MAJESTÄT geboren sind, im Dienste Eurer verdientermaßen vom Glück gesegneten Tochter, der PRINZESSIN VON ASTURIEN, und Eures Allerwürdigsten Bruders, des Infanten DON ANTONIO….“

Domenico Scarlatti: aus der Widmung der "Essercizi" an Johann V. von Portugal, 1739.[10]

Das einzige erhaltene Porträt Scarlattis von Domingo Antonio Velasco stammt aus der Zeit um 1738 und wurde vermutlich anlässlich seiner Ernennung zum Ritter von Santiago gemalt. Am 6. Mai 1739 starb seine erste Frau Maria Caterina in Aranjuez. Irgendwann zwischen 1740 und 1742 heiratete er die aus Cádiz stammende Anastasia Ximénez,[A 3] mit der er weitere vier Kinder hatte. Scarlatti setzte am 19. Oktober 1749 sein Testament auf und erhielt am 3. Oktober 1753 für sich und seine Familie einen vollkommenen Generalablass von Papst Benedikt XIV. Er verstarb am 23. Juli 1757 in seinem Haus in der Calle de Leganitos 35 in Madrid und wurde im Kloster Convento de San Norberto beigesetzt, das 1864 abgerissen wurde. Sein Grab ist daher nicht mehr erhalten.

Über Scarlatti als Privatmann ist sehr wenig bekannt. Er soll ein höflicher, jedoch zurückhaltender Mann gewesen sein; manche hielten ihn für einen Einzelgänger. Es gibt Gerüchte, dass er ein leidenschaftlicher Glücksspieler gewesen sei, der oft große Schulden machte, die von seiner Gönnerin, Königin Maria Bárbara, großzügig beglichen worden seien. Maria Bárbara überlebte ihn nur um ein Jahr, sie starb 1758.

Die Sonaten

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Domenico Scarlatti, Einband des Manuskriptbandes 1752/1, vermutl. ehemals im Besitz der Maria Bárbara, Königin von Spanien; heute in Venedig, Bibl. Marciana, (I-Vnm Mss.It.IV.199-213)
Sonate h-Moll von Domenico Scarlatti (ohne Wiederholungen) auf einem Cembalo, Kirkpatrick 87, Kirnberger-Stimmung

Der bedeutendste Teil von Scarlattis Werk sind seine 555 erhaltenen Cembalosonaten.[11] Die Essercizi von 1739 und wenige andere zu Lebzeiten veröffentlichte Sonaten begründeten seinen Ruhm und beeinflussten die Werke anderer Komponisten wie Johann Sebastian Bach (Fantasia c-moll BWV 906, Goldberg-Variationen),[12] Jacques Duphly, Pietro Domenico Paradies oder Muzio Clementi. Händel ist ein besonderer Fall, da er und Scarlatti einander in ihrer Jugend persönlich kennenlernten und einander möglicherweise beeinflussten.[13] Auf der iberischen Halbinsel entstand eine eigene 'Schule' von Tastenvirtuosen, zu denen u. a. Carlos Seixas, Antonio Soler, José de Nebra gehörten.[14]

Die nicht veröffentlichten Sonaten sind nicht als Autographe erhalten, sondern liegen nur als Abschriften vor, die ab 1742 und vor allem während der letzten Lebensjahre Scarlattis 1749 bis 1757 in verschiedenen Bänden zusammengefasst wurden, also abgesehen von stilistischen Merkmalen keinen eindeutigen Hinweis auf die Entstehungszeit geben. Die bedeutendste Manuskriptsammlung befindet sich heute in der Biblioteca Nazionale Marciana in Venedig (496 Sonaten): Diese 15 Bände in rotem Maroquinleder haben jeweils auf dem Deckel in Gold das vereinigte Wappen der Königreiche Portugal und Spanien und gehörten vermutlich der Königin Maria Bárbara (Siehe Abb.). Sie sind alle datiert. Einfachere, aber bedeutende Manuskripte liegen in der Biblioteca Palatina (Conservatorio Arrigo Boito) in Parma (463 Sonaten), in der Universitätsbibliothek Münster (349 Sonaten), und in der Bibliothek der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (308 Sonaten; ehemals im Besitz von Johannes Brahms).

Ralph Kirkpatrick fiel als erstem auf, dass in den Bänden von Venedig und Parma ab 1749 fast durchweg zwei Sonaten gleicher Tonart aufeinanderfolgen oder dass sie sich nur im Tongeschlecht unterscheiden; es gibt außerdem weitgehende Übereinstimmungen zwischen den beiden Manuskript-Sammlungen (und teilweise auch anderen Quellen). Eine zweisätzige Sonatenfolge ist auch von anderen zeitgenössischen Komponisten der iberischen Halbinsel bekannt, namentlich von Carlos Seixas und von Antonio Soler;[15][16] zweisätzig sind auch die 1754 veröffentlichten zwölf Sonaten des Pietro Domenico Paradies.[17] Alle drei Komponisten sind stark von Scarlatti beeinflusst. Auch Luigi Boccherini, der ab 1768 am spanischen Hofe wirkte und Soler und dessen Musik persönlich gekannt haben muss (und vielleicht auch Scarlattisonaten), komponierte zweisätzige "Quartettini" und "Quintettini".[18]

Insgesamt sind Scarlattis Sonaten kompositorisch ungemein vielfältig. Es gibt jedoch einige Grundmerkmale:

Die Sonaten sind zweiteilig, beide Teile werden wiederholt. Steht die Sonate in Dur, so moduliert der erste Teil meistens von der Tonika zur Dominante, im anschließenden zweiten Teil führt der harmonische Verlauf von der Dominante zur Tonika zurück. Bei einigen Dur-Sonaten jedoch enden beide Teile in Moll, andere weisen einen zweiten Teil auf, der nicht mit der Dominante, sondern einer entlegeneren Tonart beginnt. Steht die Sonate in Moll, so moduliert der erste Teil meistens von der Tonika zur Tonikaparallele, der zweite zurück in die Tonika. Innerhalb einiger Sonaten ist ein Tempowechsel komponiert.

Unabhängig davon, ob es sich um eine Sonate in Dur oder Moll handelt, weisen die Sonaten im ersten Teil mehrere Motive auf, die häufig im zweiten Teil wiederkehren. Häufig kommt es zu motivischer Arbeit, die harmonische Textur ist dicht und führt zum Teil in weit entfernte Tonarten. Ein weiteres Kennzeichen ist die Verwendung repetitiver Strukturen (Wiederholungen). Etliche Sonaten wirken wie Archetypen der sich wenige Jahrzehnte später etablierenden Klaviersonate, wie sie etwa in Wien weiterentwickelt wurde. Scarlattis Klavierwerk kann wegen des Stilwandels zum Empfindsamen Stil eine Brückenfunktion zwischen Barock und Klassik zugeschrieben werden. „Wilde Blumen am Zaun der Klassik“ werden sie in einer Publikation Barbara Zubers genannt.[19]

Scarlatti schrieb sich die Sonaten offensichtlich selber auf den Leib und auch als Übungs- und Glanzstücke für Maria Bárbara. Der Ausdruck „Sonate“ ist hier – in Abgrenzung zur Vokalmusik – in seiner ursprünglichen Bedeutung als „Klangstück“ bzw. „Spielstück“ zu verstehen. In Scarlattis Jugend war es allgemein üblich, längere Werke als Toccaten, kürzere, auch Fugen, als Sonaten zu bezeichnen. Bezeichnend ist, dass Scarlatti keine seiner Sonaten „Toccata“ nannte und nur eine Variationsreihe schrieb.

„Scarlatti imitated the melody of tunes sung by carriers, muleteers and common people.“

„Scarlatti imitierte die Melodie von Liedern, wie sie von Fuhrmännern, Maultiertreibern und dem einfachen Volk gesungen wurden.“

Charles Burney[20]

Abgesehen von diesen Charakteristika ist das geradezu Experimentelle vieler Sonaten auffällig. Vor allem Einflüsse spanischer Volksmusik und spanischer Tanzformen verband Domenico Scarlatti mit seinen frühen musikalischen Prägungen zu einem persönlichen Stil.[A 4] Verblüffend ist, wie nonchalant er volkstümliche Elemente in seine für einen feudalen Rahmen komponierten Sonaten einbaut und solche Klangerfahrungen integriert, imitiert und transzendiert.

 
Domenico Scarlatti, Beginn der Sonate K 175 im Manuskriptband 1752/1 der Königin Maria Bárbara, Venedig, Bibl. Marciana (I-Vnm Mss.It.IV.199-213)

Er setzte sich auch über die Konventionen seiner Zeit, insbesondere was die Stimmführung angeht, souverän hinweg. Viele seiner Sonaten sind harmonisch außerordentlich interessant, er modulierte manchmal in weit entfernte Tonarten (z. B. K 296, oder K 490), und verwendete auch gerne enharmonische Verwechslungen (z. B. K 296, K 206). In diesen Dingen war er seiner Zeit weit voraus und erzeugte manchmal quasi-romantische oder quasi-impressionistische Effekte. In einigen Sonaten gibt es Acciaccaturen, die in Extremfällen wie den Sonaten K 119 (in D) und K 175 (in a; siehe Notenbsp.) an Klang-Cluster erinnern, wie sie systematisch erst im 20. Jahrhundert in die Musik Einzug fanden;[A 5] die Acciaccatura war allerdings schon lange zuvor, seit mindestens ca. 1660, ein typischer Bestandteil barocker Cembalomusik und spielte ganz besonders auch im italienischen Cembalo-Continuo eine große Rolle.[A 6] Scarlatti verwendet bei Acciaccaturen kein besonderes Zeichen, wie z. B. der Franzose d'Anglebert, sondern schreibt die Noten der Acciaccatura in den Akkord hinein. Die dissonierenden Töne werden normalerweise nur ganz kurz angeschlagen, und die Akkorde arpeggiert gespielt. Scarlattis Gebrauch der Acciaccaturen in den beiden genannten Sonaten K 119 und K 175 geht allerdings weit über Alles hinaus, was vorher bekannt war, und erzeugt einen geradezu wilden oder wüsten Effekt. In K 175 müssen stellenweise sieben Töne gleichzeitig in einer Hand gegriffen werden (siehe Notenbsp., unterste Zeile). Ein späterer Zeitzeuge notierte folgende Aussage von Scarlatti:

„Scarlatti sagte öfter zum Herrn L'Augier, er wisse recht gut, daß er in seinen Clavierstücken alle Regeln der Komposition bey Seite gesetzt habe, fragte aber, ob seine Abweichung von diesen Regel das Ohr beleidigten? und auf die verneinende Antwort fuhr er fort, er glaube, es gäbe fast keine andere Regel, worauf ein Mann von Genie zu achten habe, als diese, dem einzigen Sinne, dessen Gegenstand die Musik ist, nicht zu mißfallen. […] da die Natur ihm zehn Finger gegeben hätte, und sein Instrument für alle Beschäftigung hätte: so sähe er keine Ursache, warum er sie nicht alle zehn gebrauchen sollte.“

Charles Burney[21]

Im Ganzen gesehen sind Scarlattis Sonaten stilistisch weit entfernt von der Claviermusik seiner gleichaltrigen Zeitgenossen Bach und Händel. Stücke wie K 423, K 95 oder K 388, um nur drei Beispiele zu nennen, stehen weit außerhalb des Mainstreams der Zeit und nehmen Mozart, Schubert und Chopin vorweg.

Virtuosität

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Auf technischer Ebene betritt Scarlatti eine neue Stufe der Virtuosität: mit weiten Sprüngen (z. B. Takt 80–99 in K 28), Überkreuzen der Hände (z. B. in Takt 6–9 in K 16, Takt 22 ff. in K 29 oder Takt 23 ff. in K 53), schnellen Tonrepetitionen (z. B. K. 141, oder in Takt 23–30 von K 211, oder Takt 13 ff. von K 149), Passagen in Sexten und Oktaven (z. B. in Takt 66–72 in K 44), gebrochenen Akkorden und Tonleitern in rasantem Tempo über mehrere Oktaven (z. B. Takt 1 ff. in K 50), Arpeggien über bis zu vier Oktaven (z. B. in Takt 30 und 31 in K 107).[22] Sie lässt alles hinter sich, was einem Cembalisten bis dahin abverlangt wurde.[23]

Werkverzeichnisse

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Mehrere Autoren haben Werkverzeichnisse erstellt. Heute wird für die Klaviersonaten fast durchgängig das von Ralph Kirkpatrick verwendet (abgekürzt mit K), siehe die Liste von Scarlatti-Sonaten. Er orientierte sich dabei an den Datumsangaben der uns überlieferten Abschriften und der wenigen veröffentlichten Werke. Zwar ist auch dieses Verzeichnis nicht chronologisch, dürfte aber einen Fortschritt gegenüber Sammlungen darstellen, die sich an stilistischen Kriterien orientieren, wie die lange benutzte Ausgabe von Alessandro Longo (Longo-Verzeichnis); in dieser erscheinen die Sonaten nicht in der Reihenfolge der Manuskripte, sondern wurden nach Longos eigenem Ermessen – und völlig entgegen zeitgenössischen italienischen oder iberischen Gepflogenheiten – zu Suiten angeordnet und teilweise von ihm gekürzt und verändert. Die von Kirkpatrick entdeckte (höchstwahrscheinliche) Zweisätzigkeit vieler Sonaten ist daher in der Longo-Ausgabe gar nicht zu erkennen.

2006 entdeckte Daniel Laumans unter den von Gaspar Smit (1767–1819) angelegten Klaviermanuskripten von Ávila eine weitere, bis dahin unbekannte Sonate von Scarlatti: „Sonata / Don Domenico Escarlati / punto alto“ und führte sie 2007 am Cembalo wieder auf.

Scarlattis Instrumente

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Über Scarlattis eigene Instrumente ist nichts bekannt, Ralph Kirkpatrick veröffentlichte jedoch ein Inventar der Instrumente von Königin Maria Bárbara bei ihrem Tode.[24] Da sie 1758, nur ein Jahr nach dem Komponisten, starb, spiegelt dieses Inventar ungefähr die Situation wider, die Scarlatti zumindest in seinen letzten Lebensjahren bei Hofe vorfand.[A 7]

Die Königin besaß zwölf Tasteninstrumente, davon neun Cembali, und drei florentinische Fortepianos, letztere vermutlich von Christofori oder seinem Mitarbeiter und Nachfolger Giovanni Ferrini (um 1700–1758). Von den Cembali waren zwei ursprünglich Fortepianos, die aber – vielleicht wegen technischer Mängel oder weil sie nicht gefielen – zu Cembali umgebaut worden waren. Eines der Fortepianos und eines der umgebauten Instrumente hatten nur einen kleinen Umfang von vier Oktaven (vermutlich C-c''') und waren daher für die meisten Scarlatti-Sonaten nicht zu gebrauchen.[A 8] Die anderen beiden Fortepianos hatten 54 bzw. 56 Tasten, das entspricht einem Umfang von z. B. AA-d''' bzw. GG-d'''.[25]

Die Königin besaß ein vermutlich zweimanualiges Instrument aus Flandern mit drei Chören (vermtl. 8'8'4'), dessen Umfang nicht genannt wird.[A 9]

Drei Cembali waren aus Nussbaum und vermutlich zweimanualig, zwei davon mit einer normalen Disposition von 8'8'4'. Das dritte war ein ungewöhnlich großes Instrument mit vier Chören und fünf Registern, eines der Register war vermutlich ein Lautenzug. Die genaue Disposition dieses Instrumentes ist nicht bekannt, möglich wären: 8'8'8'4', oder 16'8'8'4', oder 8'8'4'4', oder 8'8'4'2'. Dieses große Cembalo hatte einen Umfang von 56 Tasten, die anderen beiden Nussbauminstrumente 56 und 58 Tasten (mögliche Umfänge: z. B. GG-d''' und GG-e'''). Vermutlich war dieses das Instrument, das Farinelli als Überraschung für die Königin vom Hof-Cembalobauer Diego Fernández (1703–1775) bauen ließ.[26]

Die letzten drei Cembali waren aus Zedern- und Zypressenholz, wie typisch italienische Instrumente. Dafür spricht auch, dass (mindestens) eines davon nur zwei Chöre hatte (vermutl. 8'8'), also einmanualig gewesen sein muss.[A 10] Diese drei Cembali waren die einzigen Instrumente der Königin, auf denen man späte Scarlatti-Sonaten mit einem Umfang von fünf Oktaven spielen konnte, wie sie in den Bänden VIII bis XIII in Venedig eingetragen wurden. Es muss auch betont werden, dass solch späte 5-Oktaven-Sonaten normalerweise bis zum hohen g''' gehen – ein Ton, der zu dieser Zeit auf mitteleuropäischen oder französischen Instrumenten gar nicht vorkam, deren Umfang normalerweise nur bis d''', e''' oder f''' ging.[A 11] Das hohe fis''' und g''' waren also Töne, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts nur auf der iberischen Halbinsel und in England (und eventuell in Italien) vorkamen.[27]

Einige dieser Instrumente vermachte Maria Bárbara nach ihrem Tode Farinelli, der sie später mit nach Italien nahm und Charles Burney in Bologna darauf vorspielte. Interessant ist Burneys Beschreibung zweier spanischer Cembali, die offenbar vom gleichen Typ wie die zuletzt beschriebenen Instrumente waren:[28]

„…Dieser Flügel (= Cembalo), welcher in Spanien gemacht ist, hat mehr Ton als irgend einer von den andern. Sein (= Farinellis) dritter Günstling ist gleichfals ein in Spanien nach seiner Anweisung gemachter Flügel; …Bei diesen spanischen Flügeln sind die ganzen Töne schwarz, und die halben mit Perlmutter belegt. Übrigens sind sie nach italiänischer Art, alles ist aus Cedernholz, der Sangboden ausgenommen, und sie stehen in einem Futterale.“

Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise, Hamburg: 1772 (übers. von C.D. Ebeling), S. 151–152.

Konzertpflege der Sonaten

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Die Sonaten wurden lange Zeit mehr als „Showstücke“ meist als Konzertzugaben gespielt. Manche erfordern vom Interpreten große Virtuosität, und um dies wirkungsvoll darbieten zu können, wurden sie seit dem 19. Jahrhundert bis weit ins 20. Jahrhundert in der Regel auf modernen Konzertflügeln gespielt. Die sich später ergebende Frage, ob für Scarlatti-Sonaten nicht eher die Originalinstrumente wie Cembalo oder Hammerklavier eingesetzt werden müssten, ist heute von untergeordneter Bedeutung. In der Aufführungspraxis beträgt das Verhältnis derer, die das Original-Instrument benutzen, zu jenen, die den modernen Konzertflügel vorziehen, aktuell etwa 1:3. Als jedoch, insbesondere auf der Grundlage der editorischen Arbeiten von Ralph Kirkpatrick seit den 1950er Jahren, Scarlattis Sonaten als vollwertige Kompositionen wiederentdeckt wurden, geschah dies verständlicherweise zuerst auf dem Cembalo. Allerdings trugen auch die frühen Aufnahmen von Vladimir Horowitz Anfang der 1960er Jahre auf dem modernen Konzertflügel wesentlich zu dieser Wiederentdeckung bei. Sonaten von Scarlatti gehören heute zum Repertoire fast jedes Konzertpianisten und vieler Cembalisten.

Eine erste, maßstabsetzende Gesamteinspielung der Sonaten auf Scarlattis Originalinstrument, dem Cembalo, erfolgte 1988 durch den amerikanischen Cembalisten Scott Ross. Viele international bekannte Pianisten haben in den letzten 50 Jahren einige oder auch viele Sonaten auf modernen Konzertflügeln eingespielt; es liegen derzeit (Dezember 2019) von 557 der insgesamt 558 Sonaten (die zugeschriebenen und problematischen mitgerechnet) Einspielungen von insgesamt mindestens 220 Konzertpianisten auf Tonträgern oder im frei zugänglichen Internet vor; von manchen Sonaten gibt es bis zu 40 und mehr Einspielungen auf Tonträgern; Spitzenreiter sind (Dezember 2019) K 27 und K 380 mit 48 und 53 Interpretationen nur auf dem Konzertflügel. Es gibt außerdem zahlreiche Einspielungen einzelner Sonaten auf dem Cembalo von international renommierten Künstlern wie Pierre Hantaï (5 CDs),[A 12] Andreas Staier (2 CDs), Bertrand Cuiller, Francesco Cera u. a. Eine zweite Gesamtaufnahme auf dem Cembalo nach Scott Ross gibt es von Richard Lester; Pieter-Jan Belder hat eine Gesamtaufnahme auf drei Instrumenten, dem Cembalo, dem Hammerklavier und der Orgel vorgelegt. Eine Gesamteinspielung auf Cembalo, Fortepiano und Orgel gibt es auch in einer italienischen Gemeinschaftsproduktion von Ottavio Dantone, Emilia Fadini, Marco Farolfi, Maria Cecilia Farina u. a. (für Stradivarius). Eine Gesamtaufnahme (allerdings nur der Sonaten der Parma-Handschrift) auf dem Bösendorfer-Konzertflügel wird gerade von Carlo Grante erarbeitet; sie steht (Dezember 2019) bei K. 513. Eine weitere Gesamteinspielung auf dem Konzertflügel durch Christoph Ullrich ist seit dem Frühjahr 2014 im Entstehen begriffen. Als „work in progress“ entsteht seit 2013 auch eine Gesamteinspielung von Günter Reich im Internet.[29] Sie steht (Dezember 2019) bei K. 523. Ebenfalls eine Gesamteinspielung strebt eine Initiative mehrerer Pianisten (Stand Dezember 2019: 24 Pianisten mit rund 359 Einspielungen) in Tschechien an.[30] Die Firma Naxos plant mit verschiedenen Pianisten eine Gesamtaufnahme auf dem Konzertflügel, von der bis Dezember 2019 22 Teile erschienen sind. Somit lagen im Dezember 2019 557 der (einschließlich der problematischen und zugeschriebenen) im Ganzen 558 Sonaten vor, gespielt auf dem Konzertflügel, auf Tonträgern seit 1946. Daneben gibt es zahlreiche Einspielungen einzelner Sonaten auf anderen Instrumenten wie Akkordeon, Harfe, Gitarre,[31] Mandoline usw., auch in Streicher- und Bläserbesetzungen. Claudio Colombo spielte im Jahr 2003 538 Sonaten des Kirkpatrick-Verzeichnisses auf einem Yamaha-Digitalklavier ein und stellte diese Arbeit ins Internet. Eine neue Gesamtausgabe der Noten ist im Verlag Casa Ricordi erschienen, aber auch frei im Internet abrufbar.[32]

 
Bühnenbild, wahrscheinlich für Amor d'un ombra Akt I von Domenico Scarlatti (Rom 15. Januar 1714), Entwurf von Filippo Juvarra
 
Bühnenbild „Hof in einem Palast“ von Filippo Juvarra, wahrscheinlich für eine Oper von Domenico Scarlatti

Opern schuf Domenico Scarlatti ausschließlich in seiner ersten Schaffensperiode in Italien. In Neapel entstanden zunächst um 1703/1704 die Opern Giustino, Ottavia sowie eine Neufassung von Carlo Francesco Pollarolos Irene. Eine weitere Gruppe von Opern komponierte Scarlatti von 1711 bis 1714 in Zusammenarbeit mit dem Librettisten Carlo Sigismondo Capece und dem Bühnenbildner Filippo Juvarra für das Privattheater der Königin Maria Casimira von Polen im Palazzo Zuccari in Rom. Zu diesen Werken gehören Tolomeo, Tetide in Sciro und Amor d’un Ombra. Seine letzten Opern Ambleto, Dirindira und Berenice komponierte er zwischen 1715 und 1718 für das römische Teatro Capranica. Die meisten Opern-Kompositionen Scarlattis sind nicht oder nur teilweise erhalten.[33]

  • L’Ottavia Ristituita al Trono (Giulio Convò), melodramma (1703 Neapel); 32 Soloarien und zwei Duette erhalten
  • Il Giustino (Giulio Convò nach Nicolò Beregan), dramma per musica (1703 Neapel); 21 Soloarien und drei Duette erhalten
  • L’Irene (Giulio Convò? nach Girolamo Frigimelica de’ Roberti), dramma per musica (1704 Neapel); 32 Arien und ein Duett erhalten
  • La Silvia (Carlo Sigismondo Capece), dramma pastorale (27. Januar 1710 Rom); Musik verschollen
  • Tolomeo et Alessandro, overo La Corona Disprezzata (Carlo Sigismondo Capece), dramma per musica (19. Januar 1711 Rom)
  • L’Orlando, overo la Gelosa Pazzia (Carlo Sigismondo Capece nach Ludovico Ariosto), dramma (1711 Rom); Musik verschollen
  • Tetide in Sciro (Carlo Sigismondo Capece), dramma per musica (10. Januar 1712 Rom); größtenteils erhalten
  • Ifigenia in Aulide (Carlo Sigismondo Capece), dramma per musica (11. Januar 1713 Rom); nur eine Arie erhalten
  • Ifigenia in Tauri (Carlo Sigismondo Capece), dramma per musica (1713 Rom); nur drei Arien erhalten
  • Amor d’un Ombra e Gelosia d’un Aura (Carlo Sigismondo Capece), dramma per musica (15. Januar 1714 Rom); überarbeitet als Narciso (Paolo Antonio Rolli nach Capece, 30. Mai 1720 London)
  • Ambleto (Apostolo Zeno und Pietro Pariati), dramma per musica (Karneval 1715 Rom); nur eine Arie erhalten
  • Dirindina (Girolamo Gigli), farsetta per musica (Intermezzo zu Ambleto, 1715 Lucca)
  • Berenice Regina di Egitto overo Le Gare d’Amore, e di Politica (Antonio Salvi), dramma per musica (Karneval 1718 Rom); laut Anmerkung im Textbuch Musik von Domenico Scarlatti und Nicola Antonio Porpora, nur fünf Arien erhalten

Literatur

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Andere Quellen

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Ein fiktives Konzert, angeblich mit: Domenico Scarlatti, Tartini, (Sam)Martini, Lanzetti und Locatelli
  • Pietro Domenico Paradies, Sonate di Gravicembalo (London, 1754), Bd. 1 & 2, hrsg. v. Hugo Ruf u. Hans Bemmann, Mainz et al.: Schott, 1971.
  • Carlos Seixas, 80 Sonatas para instrumentos de tecla (2. edição), 2 Bde., hrsg. v. Macario Santiago Kastner, Lissabon: Fundação Calouste Gulbenkian, 1992.
  • P. Antonio Soler, Sonatas para instrumentos de tecla, ed. P. Samuel Rubio, Madrid: Union Musical Ediciones S.L., (o. J.).

Einspielungen von Vokalwerken

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  • Alessandro, Francesco e Domenico – Polyphonic Music of the Scarlatti family (von Domenico: Missa quatuor vocum „di Madrid“ + Magnificat), Ensemble Ex Tempore, Florian Heyerick, erschienen bei: Etcetera 2005 (CD)
  • Domenico Scarlatti, Lettere amorose – Cantatas, Sonatas & Operatic Duets, Patrizia Ciofi, Anna Bonitatibus, Il Complesso Barocco, Alan Curtis, erschienen bei: Virgin veritas, 2003 (CD).
  • Domenico Scarlatti, Stabat Mater (+ Missa Breve „La Stella“, Te Deum, Iste Confessor, Cibavit eos), The Sixteen, Harry Christophers, erschienen bei: Collins Classics 1997 (CD).
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Commons: Domenico Scarlatti – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Stage_designs_by_Filippo_Juvarra – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur von und über Scarlatti

Noten

Gesamteinspielungen im Internet

Sonstiges

Anmerkungen

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  1. Die Capella Giulia war die öffentliche Kapelle des Papstes im Petersdom, im Gegensatz zur berühmten Capella Sistina, die eher einer Privatkapelle entsprach.
  2. Die ungewöhnliche Besetzung lautet: 4 Soprane, 2 Altstimmen, 2 Tenöre, 2 Bässe. Die genaue Entstehungszeit ist anscheinend nicht bekannt, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es erst später z. B. in Portugal entstanden ist. Derart prunkvolle geistige Kompositionen entsprachen jedenfalls auch dem Geschmack des portugiesischen Königs Johanns V. Hörtip: Domenico Scarlatti, Stabat Mater (+ Missa Breve „La Stella“, Te Deum, Iste Confessor, Cibavit eos), The Sixteen, Harry Christophers, erschienen bei: Collins Classics 1997 (CD).
  3. Der genaue Name ist nicht bekannt, in Dokumenten wird sie auch Anastasia Macarti, Maxarti, oder Anastasia Ximenes Parrado genannt.
  4. Die Musikwissenschaft wandelt hier allerdings in einer Grauzone, da man im Grunde nichts Genaueres über spanische Volksmusik, oder gar Zigeuner- oder „Flamenco“-Musik des 18. Jahrhunderts weiß (z. B. cante jondo und Saetas). Diese hat sich vermutlich erst im 19. Jahrhundert gebildet, und klang auch da ganz anders als Alles, was der moderne Flamenco-Liebhaber kennt. Was man z. B. sehr wohl kennt, sind vereinzelte Beispiele für den Fandango, den spanischen Nationaltanz im 18. Jahrhundert.
  5. Acciaccatura‘ bedeutet ursprünglich einen mit dem Hauptton gleichzeitig ertönenden und von demselben um einen halben Ton entfernten Ton, dessen Zeitdauer viel kürzer ist als die des Haupttons. Der kurz angeschlagene Ton hat einen Farbeffekt. Bei Scarlatti erweitert sich der Begriff der ‚Acciaccatura‘, bei Kirkpatrick heißt es ‚inneres Pedal und Aufeinanderlegen von Akkorden‘.
  6. Die Bezeichnung Cluster in Bezug auf Scarlatti und die Acciaccatura sieht Herbert Henck in Klaviercluster – Geschichte, Theorie und Praxis einer Klanggestalt, Lit-Verlag 2004, S. 55 eher zurückhaltend: „Es ist allerdings eine Frage der Einschätzung, ob man die Bezeichnung Cluster dabei gelten lassen will, denn wenn in Scarlattis Klaviermusik gelegentlich auch überraschend moderne Harmonien mit einer clusterähnlichen Häufung dissonanter Nebennoten auftreten, so lassen sich diese, wie Richard Boulanger wohl zu Recht betont, doch stets im Rahmen der Acciaccatura (‚Quetschung‘) erklären.“ Diese „dem gesamten Barock eigentümliche, oft sicherlich aus dem Stegreif angewandte Art der Akkordbrechung mit Hinzufügung ganz kurz angeschlagener, bzw. gerissener dissonanter Nebentöne verleiht den zu Grunde liegenden Harmonien einen besonderen sinnlichen Reiz, und als Beispiel lassen sich Scarlattis Sonate in D-Dur (K 119) oder in a-Moll (K 175) anführen.“
  7. Es ist zu bedenken, dass dies nur die Instrumente aus dem persönlichen Besitz der Königin sind; es muss am Hof aber noch weitere gegeben haben.
  8. Solche frühen Fortepianos wurden vermutlich eher zur Begleitung in der Kammermusik benutzt, sie hatten auch einen relativ zarten Klang. Das erwähnt auch Carl Philipp Emanuel Bach 1753 im Vorwort zu seinem: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen, Teil I: Berlin 1753, Teil II: Berlin 1762, Faksimile, hrsg. v. Wolfgang Horn, Kassel et al. Bärenreiter, S. 8.
  9. Dies könnte ein Ruckers- oder Dulcken-Cembalo gewesen sein, aber durchaus auch eine Fälschung, wie sie in Frankreich öfters vorkamen.
  10. Die anderen beiden Zedern-Instrumente werden nicht genau beschrieben.
  11. Auch noch bei Cembali und Fortepianos der Mozartzeit.
  12. Stand: Juni 2017

Einzelnachweise

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  1. Eine grundsätzliche Einführung leistet: edition text + kritik, Musikkonzepte 47: Domenico Scarlatti, München 1986
  2. Aus dem Vorwort von Ralph Kirkpatrick in Scarlatti: Sixty Sonatas in Two Volumes, edited in chronological order from the manuscript and earliest printed sources with a preface by Ralph Kirkpatrick, Vol. 1, Schirmer’s Library of Musical Classics, Hal Leonard Publishing Corporation, S. V: „Domenico Scarlatti was without question the most original keyboard composer of his century, but his true originality became first apparent only in later life. […] Only with his definitive departure from Italy in 1719, and after his father’s death in 1725 does Domenico Scarlatti appear to have developed the style that has rendered him one of the greatest keyboard composers of all time.“
  3. Diese und die meisten folgenden Angaben stammen aus dem Artikel von Stanley Sadie, Domenico Scarlatti, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Bd. 16, London, 1980, S. 568ff. Außerdem wurde verwendet die seinerzeit bahnbrechende Biographie von: Ralph Kirkpatrick, Domenico Scarlatti, 2 Bde., München, 1972 (Auch Sadies Artikel basiert in vielen Details auf Kirkpatrick!).
  4. Liliana Pannella: BAJ, Tommaso. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 5: Bacca–Baratta. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1963.
  5. Scarlatti, Domenico. In: Enciclopedia on line. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom. Abgerufen am 7. August 2024.
  6. Stanley Sadie, „Domenico Scarlatti“, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Bd. 16, London, 1980, S. 568ff.
  7. Stanley Sadie, „Domenico Scarlatti“, in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Bd. 16, London, 1980, S. 568ff.
  8. Hörtip: Domenico Scarlatti, Lettere amorose – Cantatas, Sonatas & Operatic Duets, Patrizia Ciofi, Anna Bonitatibus, Il Complesso Barocco, Alan Curtis, erschienen bei: Virgin veritas, 2003 (CD).
  9. Dafür spricht besonders die Erwähnung des Don Antonio, der ja in Portugal Schüler Scarlattis gewesen war, und nicht nach Spanien mitgehen konnte, sondern nach wie vor in Portugal lebte.
  10. "…sono Componimenti nati sotto gli altissimi Auspicj di VOSTRA MAESTÁ in servizio della meritevolmente fortunatissima vostra figlia LA PRINCIPESSA DELLE ASTURIE, e del vostro degnissimo fratello l'Infante DON ANTONIO…."
  11. Die Nummern K 81 und K 88–91 sind für eine kammermusikalische Besetzung.
  12. BWV 906 ist eine ganz einzig darstehende Ausnahme in Bachs Werk, und eine völlig offensichtliche Kopie des 'glühenden' Stils und der Techniken einiger von Scarlattis Essercizi (Nr. 12 in g, Nr. 18 in d). In den 1742 veröffentlichten Goldbergvariationen gehen die virtuosen Stücke mit großen Sprüngen, übergeschlagenen Händen oder 'Spezialeffekten' offensichtlich auf die Essercizi zurück (Var. 1, 5, 8, 14, 17, 20, 26, 28, 29). Natürlich komponiert Bach kontrapunktischer als Scarlatti.
  13. Das Ergebnis ist daher auch ganz anders als bei den Komponisten, die Stil und Techniken Scarlattis kopierten. In den Essercizi von 1739 erinnern die Nummern 1, 4 und 9 etwas an Händel.
  14. Die genannten Komponisten standen in einem längerfristigen Kontakt mit Scarlatti, und kannten daher nicht nur sein Spiel persönlich, sondern vor allem auch wesentlich mehr und spätere Werke.
  15. Von Seixas z. B. die Sonaten 2, 7, 9, 10, 11, 12, 14,15, 17, 20, 21, 26, 30, 31 etc. etc.; bei vielen dieser Stücke ist der zweite Satz ein Menuett, was es auch bei Scarlatti gibt, z. B. K.396–K.397. Siehe: Carlos Seixas, 80 Sonatas para instrumentos de tecla (2. edição), 2 Bde., hrsg. v. Macario Santiago Kastner, Lissabon: Fundação Calouste Gulbenkian, 1992. Von Soler z. B. die Sonaten 16–17 in Es, und 18–19 in c. Siehe: P. Antonio Soler, Sonatas para instrumentos de tecla, Vol. 1, ed. P. Samuel Rubio, Madrid: Union Musical Ediciones S.L., (o. J.), S. 60–79.
  16. Von Soler z. B. die Sonaten 16–17 in Es, und 18–19 in c (u. a.). Siehe: P. Antonio Soler, Sonatas para instrumentos de tecla, Vol. 1, ed. P. Samuel Rubio, Madrid: Union Musical Ediciones S.L., (o. J.), S. 60–79.
  17. Pietro Domenico Paradies, Sonate di Gravicembalo (London 1754), Bd. 1 & 2, hrsg. v. Hugo Ruf u. Hans Bemmann, Mainz et al.: Schott, 1971 (ED 6120 & ED 6121).
  18. Er nannte diese auch "opere piccole" (kleine Werke) im Gegensatz zu den "opere grandi" (große Werke) mit meistens vier Sätzen. Es handelt sich um Werke für Streicher, von denen die ersten 1772 als op. 15 herauskamen, weitere waren: op. 17, 19, 22, 26, 27, 30, 33, 36, 40, 44, 48, 50, 53. Dazu kommen Quintettini mit Flöte und Streichern: op. 17, 19 und 55. Jedes Opus besteht aus sechs Werken. Dazu kommen noch Opusnummern, wo er große und kleine Werke mischt. Siehe: Remigio Coli, Luigi Boccherini - La vita e le opere, Lucca: Maria Pacini Fazzi Editore, 2005, S. 110–111, S. 132, und S. 273–280.
  19. Barbara Zuber, „Wilde Blumen am Zaun der Klassik“, in: Musik-Konzepte, Heft 47, München, 1986, S. 3–39.
  20. (hier nach: Jane Clark, "Domenico Scarlatti and Spanish Folkmusic", in: Early Music 4, London 1976, S. 19.)
  21. Carl Burney's der Musik Doctors Tagebuch seiner Musikalischen Reisen. Zweyter Band. Durch Flandern, die Niederlande und am Rhein bis Wien. Aus dem Englischen übersetzt. Hamburg, 1773. Bey Bode., S. 183–184.
  22. Karl Heinrich Wörner, Wolfgang Gratzer, Lenz Meierott: Geschichte der Musik – Ein Studien- und Nachschlagebuch, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993, S. 366.
  23. Klaus Wolters: Handbuch der Klavierliteratur – Klaviermusik zu zwei Händen, 5. Aufl., Atlantis Musikbuch-Verlag 2001, S. 190.
  24. Ralph Kirkpatrick, Domenico Scarlatti, 2 Bde., New Jersey, 1953 / München: Ellermann, 1972, Bd. 1, S. 205ff, und Bd. 2, S. 46f. Edward L. Kottick, A History of the Harpsichord, Indiana: University Press, 2003, S. 235–239 und S. 503.
  25. Im Inventar der Königin werden die Umfänge nur in der Anzahl von Tasten angegeben. Alle hier und weiter unten genannten Umfänge dienen nur als Beispiel, um dem Leser eine gewisse Vorstellung zu geben. Es muss betont werden, dass historische Tasteninstrumente vor allem in Italien (aber auch anderswo) nicht nur im 16. und 17. Jahrhundert oft sogenannte kurze Oktaven im Bass hatten, sondern auch noch im 18. Jahrhundert. So gibt es z. B. von Christofori Instrumente mit einem Umfang von FF,GG,AA-c''' (= 54 Tasten), das heißt, die Tasten der tiefen Halbtöne Fis und Gis fehlten. Ein Cembalo von Goccini von 1721 (Bologna, Privatsammlung) hat einen Umfang von GG,AA-d''',e''' (= 56 Tasten): In diesem Fall fehlen das tiefe Gis, aber auch das hohe dis'''! Noch 1746 findet man bei Ferrini GG,AA-e''' (= 57 Tasten), also ohne das tiefe Gis. Solche Praktiken machen es relativ schwierig, die genauen Umfänge von Maria Bárbaras Instrumenten zu ermitteln. Siehe: Edward L. Kottick, A History of the Harpsichord, Indiana: University Press, 2003 (engl.), S. 213–215 (Christofori), S. 223 (Ferrini), S. 228 (Goccini), S. 239 (Scarlatti).
  26. Laut einer Geschichte, die Giovenali Sacchi, der Biograph Farinellis, mitteilte. Hier nach: Edward L. Kottick, A History of the Harpsichord, Indiana: University Press, 2003, S. 237 und S. 503 (Fußnoten).
  27. Einige erhaltene Spinette und Cembali von Hitchcock, Slade und Smith haben GG-g'''. Siehe: Edward L. Kottick, A History of the Harpsichord, Indiana: University Press, 2003 (engl.), S. 355–357.
  28. Man beachte, dass der Begriff „Flügel“ in dieser deutschen Original-Übersetzung von 1772 ein Cembalo meint, kein Pianoforte! Dies entspricht genau dem Gebrauch des Wortes „Flügel“ wie bei Carl Philipp Emanuel Bach in seinem Versuch… von 1753. Siehe: Carl Philipp Emanuel Bach, Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Teil I: Berlin 1753, Teil II: Berlin 1762, Faksimile, hrsg. v. Wolfgang Horn, Kassel et al.: Bärenreiter, 1994, Einleitung S. 8–10.
  29. http://www.555sonaten.de/
  30. http://scarlatti.cz
  31. Vgl. etwa Andrés Segovia: Domenico Scarlatti (1685–1757): Sonata. Schott & Co., London 1954; Neuausgabe B. Schott’s Söhne, Mainz 1982 (= Gitarren-Archiv. Band 177); auch in: Andrés Segovia (1893–1987): Die schönsten Stücke aus seinem Repertoire. Schott, Mainz/London/New York/Tokyo 1987 (= Gitarrenarchiv. Band 520), S. 26 f.
  32. http://kreusch-sheet-music.net/noten/KSM_DomenicoScarlatti_Cembaloson_00K9_38343.pdf.
  33. Ralph Kirkpatrick: Scarlatti, Domenico. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG). Erste Ausgabe, Band 11 (Rasch – Schnyder von Wartensee). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1963, DNB 550439609, Sp. 1507–1518, hier Sp. 1514 (= Digitale Bibliothek Band 60, S. 66156–66187, hier Sp. 66174)